Umfassender Datenschutz für Beschäftigte
Am 25.2.2011 beriet der Bundestag in erster Lesung über das geplante Beschäftigtendatenschutzgesetz und verwies den Entwurf der Bundesregierung in die zuständigen Ausschüsse. Das Gesetz soll die Daten von Arbeitnehmern unter einen umfassenden Schutz stellen. Dabei verfolgt es die Leitidee, dass nur solche Daten des Arbeitnehmers gespeichert werden dürfen, die für das Beschäftigtenverhältnis erforderlich sind. Auch Bespitzelungen will das geplante Gesetz künftig unterbinden. Der Gesetzentwurf sieht weitreichend Informationspflichten des Arbeitgebers gegenüber seinen Beschäftigten vor.
Zweifel an Praxistauglichkeit
Allerdings gibt es Zweifel an der Praxistauglichkeit des Gesetzentwurfs. Die Prüfung auf Umsetzbarkeit der geplanten Regelungen im betrieblichen Alltag stand denn auch im Mittelpunkt eines Forums der Carl Friedrich von Weizsäcker-Stiftung gemeinsam mit der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit e.V. am 9.2.2011 in Berlin.
Der Bonner Arbeitsrechtler Professor Gregor Thüsing warnte vor überzogenen Anforderungen an die Zulässigkeit der Verarbeitung von Mitarbeiterdaten. Wer beispielsweise das Fragerecht des Arbeitgebers auf die „Erforderlichkeit für die Eignung“ beschränke, der dürfe auch nicht mehr nach dem Gehaltswunsch fragen. Auch die Anforderung, Eignungstests im Einstellungsverfahren müssten stets wissenschaftlich anerkannten Methoden genügen, hält Thüsing im Arbeitsleben nicht für umsetzbar, wie schon das Beispiel des Handwerksbetriebs belege, der eine Arbeitsprobe verlange. Ein generelles Verbot heimlicher Videoüberwachung sei ebenfalls problematisch, da der Arbeitgeber dann gezwungen sei, bei Verdacht auf Straftaten stets um polizeiliche Überwachungsmaßnahmen zu bitten.
Gravierende Zweifel äußerte Professor Gregor Thüsing auch an der Regelung, die Einwilligung betroffener Arbeitnehmer in eine Verwendung ihrer Daten nur dann zuzulassen, wenn dies im Gesetz ausdrücklich vorgesehen sei. Dies gefährde beispielsweise die Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung, sagte Thüsing. Auch das geplante Verbot, durch Betriebsvereinbarung vom Gesetz abzuweichen, hält Thüsing für nachteilig. Damit wäre etwa die im vergangenen Jahr abgeschlossene Konzernbetriebsvereinbarung der Deutschen Bahn AG in Teilen ungültig, obwohl sie allgemein als vorbildlich einzustufen sei. Thüsing forderte außerdem, in das Beschäftigtendatenschutz eine Konzernklausel aufzunehmen, wonach innerhalb eines Konzerns Daten weitergegeben werden dürfen.
Private E-Mails zulassen
Der Berliner Rechtsanwalt Professor Robert von Steinau-Steinrück (Luther Rechtsanwälte) rügte ebenfalls Defizite im Gesetzentwurf. Unter anderem hält er die Regelungen zur Überwachung der Telekommunikation für unzureichend. Weil die private Nutzung des Internets und von E-Mail-Systemen ausgespart werde solle, fürchtet von Steinau-Steinrück angesichts fehlender Einwilligungsmöglichkeiten in eine Überwachung, dass Arbeitnehmern künftig die Privatnutzung gänzlich untersagen könnte. Dies wäre allerdings kaum alltagstauglich. Der Berliner Rechtsanwalt fordert stattdessen eine Einwilligungsmöglichkeit des Arbeitnehmers in die Missbrauchskontrolle bei privater Nutzung des Internets und des privaten E-Mail-Accounts.
Mehr Klarheit im Datenschutzgesetz
Auch in der abschließenden Podiumsdiskussion meldeten sich Praktiker der betrieblichen Praxis mit Kritik zu Wort. So wendete sich Martina Perreng (Deutscher Gewerkschaftsbund) gegen die Möglichkeit des Datenabgleichs zum Zweck der Compliance. Damit würden unerwünschte umfassende Screenings legitimiert. Auch die Zulassung offener Videoüberwachung auf Grund eines allgemeinen Hinweises hält Perreng für nicht akzeptabel. Roland Wolf, Geschäftsführer Arbeitsrecht beim Bundesverband der Arbeitgeberverbände, sprach sich für die Datenverarbeitung zum Zweck der Leistungsermittlung aus. Die Kontrolle von Zielplanung müsse möglich sein.