CFW Stiftung

Rahmenbedingungen

Arbeitskampf in der Daseinsvorsorge
Tatsächliche Grundlagen und ökonomische Rahmenbedingungen

Prof. Dr. Martin Franzen
Lehrstuhl für deutsches, europäisches, internationales Arbeitsrecht und Bürgerliches Recht
Universität München

Prof. Dr. Gregor Thüsing, LL.M. (Harvard)
Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit
Universität Bonn

Prof. Dr. Christian Waldhoff
Lehrstuhl für Öffentliches Recht
Universität Bonn

Arbeitskampf in der Daseinsvorsorge – ein dringendes, aktuelles und internationales Phänomen: Jüngst Furore gemacht hat der Arbeitskampf bei der australischen Fluglinie Qantas. Als Reaktion auf einen Streik stellte die Fluggesellschaft ihren Flugbetrieb vollständig ein und sperrte sämtliche Arbeitnehmer aus. Die Folgen für den internationalen Flugverkehr waren enorm – 68.000 Passagiere strandeten, darunter siebzehn Staatschefs, die sich für eine Konferenz in Australien aufhielten.[1] Diese Folgen hielt die australische Regierung für untragbar. Auf ihren Antrag hin ordnete „Fair Work Australia“, ein arbeitsrechtliches Tribunal, an, dass die Fluggesellschaft ihren Flugbetrieb wieder aufnehmen müsste.[2] Das Tribunal gab dem Antrag statt, weil die Aussperrung seitens der Fluggesellschaft die Luftfahrt und Tourismusindustrie übermäßig schädige:

“In this case the primary consideration, however, as required by s.424(1) [Fair Work Act 2009], is the effect of the protected action on the wider aviation and tourism industries. We have decided that in the particular circumstances of this case, which on the evidence include the particular vulnerability of the tourism industry to uncertainty, suspension will not provide sufficient protection against the risk of significant damage to the tourism industry and aviation in particular.”[3]

Inzwischen befindet sich der Fall Qantas vor einem Schiedsgericht, das einen für beide Seiten bindenden Kompromiss aushandeln wird. Während dieser Zeit sind Arbeitskämpfe verboten.[4]

Dieser aktuelle Fall verdeutlicht anschaulich, dass Arbeitskämpfe in der Daseinsvorsorge besondere Probleme mit sich bringen – sie betreffen üblicherweise nicht nur die Kampfparteien, sondern insbesondere auch die Öffentlichkeit. Diesen Konflikt zu bewältigen kann nicht der Tarifautonomie überlassen werden, da es an einer Selbstregulierung durch das paritätische Gleichgewicht der Kräfte fehlt. Die Öffentlichkeit kann sich nicht mit eigenen Kampfmaßnahmen wehren. Es bedarf daher gesetzlicher Regelungen, wie sie in Australien jüngst erforderlich waren, auch in Deutschland, um für den Ernstfall gewappnet zu sein.

1. Streikempirie und Wahrnehmung in der Öffentlichkeit

Zu Arbeitsniederlegungen im Bereich der Daseinsvorsorge kam es ohne Inbezugnahme von Warnstreiks in den vergangenen zehn Jahren insbesondere bei der Deutschen Lufthansa, der Deutschen Bahn und bei der Deutschen Telekom AG, sowie in einer Reihe von Universitätskliniken, kommunalen Krankenhäusern und allgemein dem Öffentlichen Dienst: Im Jahr2009wurde der Öffentliche Dienst im Bereich des Sozial- und Erziehungsdienstes bestreikt. Am Arbeitskampf beteiligten sich 150.000 Arbeitnehmer, erstritten wurde eine betriebliche Gesundheitsförderung sowie eine Verbesserungen bei der Eingruppierung. Vom 28. bis zum 31. Juli 2008 kam es zu Streiks bei der Deutschen Lufthansa AG. Zahlenmäßig beteiligt waren ca. 5.000 Arbeitnehmer. Erkämpft wurde eine Entgelterhöhung von 5,1 %, sowie weitere Stufenerhöhungen von 2,3 %, einer Einmalzahlung und einer ergebnisabhängigen Komponente von bis zu 2,4 % der Jahresgrundvergütung. Im Jahr2007 waren sowohl die Deutsche Telekom wie auch die Deutsche Bahn AG von Streiks betroffen. Die Tarifauseinandersetzung bei der Deutschen Telekom AG dauerte zehn Wochen und betrug umfangmäßig 350.000 Streiktage. Gestreikt wurde aufgrund der Ausgliederung von 50.000 Beschäftigten in drei Service-Gesellschaften. Am Ende einigten sich die Tarifparteien auf eine Absenkung der Vergütungen um 6,5 % (mit Besitzstandssicherung) und auf die Verlängerung der Wochenarbeitszeit von 34 auf 38 Stunden ohne Lohnausgleich gegen Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis Ende 2012. Bei der Deutschen Bahn AG erstreikte die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) einen eigenständigen Tarifvertrag für Lokführer mit Regelungen zu Entgelt und Arbeitszeit, sie verpflichtete sich dabei zur Kooperation mit der Gewerkschaft Transnet und der GDBA. Insgesamt dauerte der Arbeitskampf zehn Tage. Im Jahr2006 waren Universitätskliniken, Landeskrankenhäuser, sowie kommunale Krankenhäuser von Arbeitsniederlegungen von Ärzten betroffen. Jeweils erkämpfte der Marburger Bund eigenständige Tarifverträge für die Ärzte. In den Universitätskliniken und Landeskrankenhäusern streikten die Ärzte 13 Wochen lang, bis zu 14.000 Ärzte waren beteiligt. In den kommunalen Krankenhäusern dauerte der Arbeitskampf 8 Wochen unter Beteiligung von bis zu 17.500 Ärzten. Im Jahr2005streikte in den Universitätskliniken Baden-Württembergs das nichtärztliche Personal. Es ging bei der acht Tage dauernden Tarifauseinandersetzung um die Übernahme des neuen Tarifrechts des öffentlichen Dienstes. Erstreikt wurde eine 390 € Pauschale für elf Monate, eine Pauschale für die Jahre 2006/2007 in Höhe von jeweils 300 €, die Erarbeitung einer neuen Entgelttabelle, eine nach Lebensjahren gestaffelte Arbeitszeit, die Einführung von Arbeitszeitkonten und eine Sonderzahlung ab 2006 i. H. von 88 % eines Monatsgehalts.

Besonders relevant geworden sind Streiks in zwei Bereichen: Im Transportgewerbe und im Gesundheitswesen. Bei der Deutschen Lufthansa AG, bei der Deutschen Bahn AG haben die Pilotenvereinigung Cockpit und die Gewerkschaft der Deutschen Lokomotivführer (GDL) erhebliche Lohnsteigerungen durchsetzen können. Die Besonderheit dieser Bereiche ist, dass hier nicht nur die Daseinsvorsorge betroffen ist, sondern auch Spartengewerkschaften mit hohem Organisationsgrad bestehen, die Funktionseliten vertreten und entsprechend kampfstark sind.

Eine Zersplitterung der Gewerkschaftslandschaft in Deutschland durch Auftreten von Spartengewerkschaften ist an sich kein neues Phänomen. Hierzulande existieren mehr als 100 Gewerkschaften. Die meisten von ihnen treten aber selbst nicht tarifpolitisch eigenständig auf, sondern haben sich mit den großen Gewerkschaften zu Tarifgemeinschaften zusammengeschlossen – wie etwa der Deutsche Journalistenverband, der mit der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ein Kooperationsverhältnis eingegangen ist.[5] Tarifpolitisch eigenständig operieren dagegen einige wenige Spartengewerkschaften, die Funktionseliten wie Piloten, Lokführer und Ärzte vertreten und aufgrund ihrer Schlüsselqualifikationen erhebliche tarifpolitische Wirkungsmacht erzielen können. In diesem Zusammenhang zu nennen, sind insbesondere die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) mit 34.000 Mitgliedern, die Vereinigung Cockpit (VC) mit 8.200 Mitgliedern, die unabhängige Flugbegleiterorganisation (UFO) mit über 10.000 Mitgliedern, die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) mit 3.500 Mitgliedern, der Marburgerbund mit 107.000 Mitgliedern, die „contterm“ – Fachgewerkschaft für die Beschäftigten auf den Container Terminals im Hamburger Hafen mit ca. 100 Mitgliedern, die Neue Assekuranz Gewerkschaft mit über 100 Mitgliedern, die Technik Gewerkschaft Luftfahrt, die Gewerkschaft der Servicekräfte mit ca. 100 Mitgliedern, und die jüngst neu gegründete Spartengewerkschaft für Betriebsfeuerwehren.[6]

Besonders auffällig bei zahlreichen Spartengewerkschaften ist ihr junges Gründungsdatum: Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) – 2004, contterm – Dezember 2009, Neue Assekuranz Gewerkschaft – November 2010, Technik Gewerkschaft Luftfahrt – Dezember 2010, Gewerkschaft der Servicekräfte – Dezember 2010, Spartengewerkschaft für Betriebsfeuerwehren – Mai 2011. Gerade in den vergangenen zwei Jahren kam es offensichtlich zu einer Gründungswelle von Spartengewerkschaften, die jeweils Funktionseliten innerhalb der Arbeitnehmerschaft vertreten. Auffällig ist dabei zudem, dass sich eine Reihe neuer kleiner Gewerkschaften gerade erst seit Aufgabe des Grundsatzes der Tarifeinheit durch Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 7. Juli 2010[7] formiert haben.

Die tarifpolitische Wirkungsmacht der Spartengewerkschaften lässt sich anschaulich an den von den Gewerkschaften Cockpit, der GDL und des Marburger Bundes errungenen Verhandlungsergebnissen illustrieren: Die Pilotenvereinigung Cockpit hat erstmals im Jahr 2001 einen eigenen Tarifvertrag bei der Lufthansa erstreikt. Die Grundgehälter wurden damals um insgesamt 19,5 Prozent erhöht. In den folgenden Jahren gab sich Cockpit für seine Mitglieder zwar etwas zurückhaltender, aber dennoch sind die Grundvergütungen der Lufthansa-Piloten im Zeitraum von 2001 bis 2008 insgesamt um 36 Prozent gestiegen.[8] In den Krisenjahren seit 2008 war man etwas zurückhaltender, konnte gleichwohl Lohnsteigerungen von 5,5 für 2007 und 2008 sowie ein Ergebnis von 25 Prozent einer Monatsvergütung erstreiten. Erst im Jahr 2009 wurden zwei Jahre Nullrunden vereinbart.[9] Gegenüber der Deutschen Bahn AG setzte die Lokführergewerkschaft GDL Anfang 2008 für ihre Klientel ein zweistelliges Lohnplus durch, während sich die anderen Beschäftigtengruppen mit 4,5 Prozent zufriedengeben mussten. Der Marburger Bund, die Interessenvertretung der Krankenhausärzte, holte 2006 eine zweistellige Lohnerhöhung heraus; die von ver.di vertretenen Pfleger und Krankenschwestern mussten sich dagegen mit Einmalzahlungen begnügen.

Wie ist die öffentliche Wahrnehmung von Arbeitskämpfen im Bereich der Daseinsvorsorge? Mit einer deutlichen Mehrheit sprechen sich die Deutschen für Einschränkungen des Streikrechts oder ein Verbot von Streiks in Unternehmen der Daseinsvorsorge aus. Dies hat das Institut für Demoskopie Allensbach (IfD) in einer repräsentativen Befragung unter 1.798 Bundesbürgern im Auftrag der Carl-Friedrich von Weizsäcker Stiftung (CFvW) ermittelt. Danach sind knapp 72 Prozent aller Befragten für Einschränkungen oder ein Verbot von Streiks bei Beschäftigten in Krankenhäusern. Auch im Luftverkehr und bei der Bahn sprechen sich mit jeweils um die 60 Prozent große Teile der Bevölkerung für ein Verbot von Streiks bzw. für ein eingeschränktes Streikrecht aus. Für ein völliges Streikverbot bei Fluggesellschaften und Flughäfen sind dabei neun Prozent, bei der Bahn sind es 14 Prozent. Demgegenüber votieren knapp 30 Prozent weiterhin für ein uneingeschränktes Streikrecht im Bahnverkehr, etwa ebenso viele im Flugverkehr und lediglich 21 Prozent für ein uneingeschränktes Streikrecht im Krankenhaus-Sektor.

Großen Teilen der Bevölkerung sind auch die wirtschaftlichen Folgen von Streiks bewusst. Mit über 45 Prozent ist eine deutliche relative Mehrheit davon überzeugt, dass die von Streiks ausgelösten wirtschaftlichen Schäden heute höher liegen als noch vor Jahren, nur gut sechs Prozent glauben, dass sie niedriger sind. Dennoch stehen die Deutschen mit großer Mehrheit hinter den Gewerkschaften: Nur zehn Prozent sind der Meinung, Gewerkschaften seien heute generell überholt. Allerdings sehen 37 Prozent deutlichen Veränderungsbedarf bei den Gewerkschaften, da ihr konkretes Verhalten nicht mehr in diese Zeit passe.

Jeder zweite Deutsche spricht sich sowohl für Branchengewerkschaften als auch für branchenbezogene Tarifverträge aus. Nur ein knappes Viertel findet unterschiedliche Tarifverträge für einzelne Berufsgruppen einer Branche besser. Gleichwohl sind große Teile der Bevölkerung davon überzeugt, dass Spartengewerkschaften die Interessen der Arbeitnehmer gezielter vertreten. Eine Gewerkschaft für alle Arbeitnehmer präferieren lediglich 14 Prozent.

2. Spezifika der Auswirkungen eines Arbeitskampfes in der Daseinsvorsorge

Arbeitskämpfe in den Bereichen der Daseinsvorsorge gewinnen ihre spezifische Brisanz wegen der besonderen ökonomischen Strukturen der Wirtschaftszweige der Daseinsvorsorge: Es sind Bereiche, in denen häufig natürliche Monopole bestehen.[10] Ein natürliches Monopol liegt vor, wenn aufgrund der Produktionstechnologie die Marktnachfrage von einem Unternehmen kostengünstiger befriedigt werden kann als von mehreren Unternehmen.[11]

Dies hat Folgen für die Dynamik von Arbeitskämpfen in diesem Bereich: Gibt es nur einen Anbieter in einem Wirtschaftszweig, können die Kunden nicht auf andere Anbieter ausweichen. Ein Ausfall der Produktion des Monopolisten trifft sie daher ungleich härter als ein Streik bei einem „normalen Unternehmen“. Dort können sie ihren Bedarf anderweitig befriedigen, der Streik bleibt in seinen Wirkungen auf den eigentlichen Adressaten, nämlich den Arbeitgeber, begrenzt. Anders im Bereich der Daseinsvorsorge: Dort gibt die monopolistische Marktstruktur den Arbeitnehmern eine besonders große Macht, weil die Öffentlichkeit nicht ausweichen kann.[12]

Unter Umständen können die bestehenden Marktzutrittsbarrieren und Monopolrenten sogar dazu führen, dass Arbeitgeber und Gewerkschaften zusammen ihren Konflikt auf dem Rücken der Öffentlichkeit austragen: Können die Kunden nicht auf einen anderen Anbieter ausweichen, können die Arbeitgeber die höheren Personalkosten auf die Kunden – oder, soweit öffentliche Subventionen gezahlt werden, auf die Öffentlichkeit – abwälzen.[13] So wurde etwa beim Fluglotsenstreik konstatiert: Die Dritten (Fluggesellschaften und ihre Passagiere), die die Kosten des Tarifabschlusses letztlich finanzieren müssen, sitzen nicht am Verhandlungstisch.[14]

Die hier vorgeschlagenen Beschränkungen des Arbeitskampfes können dieses Problem letztlich nicht lösen; dazu wäre eine Intensivierung des Wettbewerbes auf den Produktmärkten erforderlich. Das ist die Aufgabe des Regulierungsrechts. Flankierend trägt der hiesige Gesetzesentwurf aber dazu bei, die Störungen des Verhandlungsgleichgewichts zu Lasten der Öffentlichkeit zu verringern.

3. Gesamtwirtschaftliche Bedeutung und Drittbetroffenheit

Insbesondere Arbeitsniederlegungen im Transportgewerbe haben weitreichende Konsequenzen, die die deutsche Volkswirtschaft insgesamt empfindlich beeinträchtigen und Schäden in Milliardenhöhe verursachen können. Nach einer Schätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung würde ein mehrere Tage anhaltender Streik bei der Deutschen Bahn AG und die damit verbundene Unterbrechung des Güterverkehrs zu volkswirtschaftlichen Kosten von bis zu 70 Millionen Euro pro Tag führen. Bei gleichzeitiger Einbeziehung von erheblichen Teilen des Personenverkehrs in die Streikmaßnahme würden sich die Einbußen weiter auf bis zu 90 Millionen Euro pro Tag und damit auf rund 1,5 % der täglichen Bruttowertschöpfung in Deutschland erhöhen. Für den eher unwahrscheinlichen Fall von über zwei Wochen andauernden umfangreichen Streiks im Güter- und Personenverkehr auf der Schiene könnten Wertschöpfungseinbußen von bis zu 180 Millionen Euro entstehen.[15] Diese Einschätzungen decken sich mit den Angaben des Präsidenten des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel und Dienstleistungen (BGA), Anton Börner, der die durch einen Streik an fünf aufeinanderfolgenden Arbeitstagen entstehenden Schäden auf ca. 100 Millionen Euro pro Tag beziffert. Sollte der Streik sogar zwei Wochen andauern, erhöhe sich der Schaden bis auf 200 Millionen Euro pro Tag.[16]

Die weitreichenden volkswirtschaftlichen Auswirkungen von Streiks im Schienenverkehr erklären sich durch die Schlüsselstellung, welche die Bahn durch den Transport von Personen und Gütern für die deutsche Wirtschaft innehat:[17] 17 % aller Güter werden auf der Schiene transportiert. Die Deutsche Bahn AG befördert pro Tag Güter im Wert von 240 Millionen Euro. Zwar ist der Lkw mit einem Anteil von 70 % der mit Abstand bedeutendste Verkehrsträger, jedoch hat der schienengebundene Verkehr seit einigen Jahren einen Bedeutungszuwachs zu verzeichnen. Die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Straße wird für die Unternehmen aufgrund steigender Kraftstoffpreise, der Einführung von Mautgebühren und Staus zunehmend weniger interessant.[18] Die Wirtschaft hängt daher erheblich vom Güterverkehr ab. Führen Lieferengpässe zu Produktionsstopps, entstehen in Form des damit verbundenen Wertschöpfungsausfalls volkswirtschaftliche Verluste, die sich in den Betrieben in unterausgelasteten Sachkapazitäten (Gewinnausfall) und Kurzarbeit (Lohnausfall) äußern.[19]

Innerhalb des Personenverkehrs beträgt der Marktanteil der Bahn 7,1 %. Insgesamt 5 Millionen Fahrgäste werden durch die Deutsche Bahn AG tagtäglich befördert. Kommt es im Schienenverkehr zu Streiks, können die betroffenen Personen zwar auf andere Verkehrsmittel umsteigen, hierdurch erhöhen sich allerdings die Transportkosten. Auch kann es infolge von Staus auf den Straßen zu Einnahmeausfällen sowohl bei Pendlern als auch bei Selbständigen und Geschäftsreisenden kommen.[20]

Naturgemäß wirtschaftlich durch Streiks im Schienenverkehr besonders intensiv betroffen ist die Deutsche Bahn AG selbst. Durchschnittlich nimmt das Unternehmen täglich 27 Millionen Euro im Bereich des Personenverkehrs und weitere 15 Millionen Euro im Güterverkehr ein. Durch Bahnstreiks entstehen der Deutschen Bahn AG daher in kurzer Zeit erhebliche Einnahmeausfälle sowie Imageverluste, die sich auf die langfristige Geschäftsentwicklung negativ auswirken.[21]



[1] Vgl. etwa “Qantas in confrontation with unions”, Financial Times v. 30.10.2011, abrufbar unter http://www.ft.com/ zuletzt abgerufen am 9.11.2011.

[2] Fair Work Australia [2011] FWAFB 7444.

[3] Fair Work Australia [2011] FWAFB 7444 § 15.

[4]„Qantas vor Schiedsgericht“, FAZ v. 21.11.2011, S. 16.

[5] IWD Nr. 10 v. 10.3.2011, „Kleine auf Konfrontationskurs” S. 6, auch abrufbar unter www.iwkoeln.de, zuletzt eingesehen am 9.11.2011

[6] Zahlen nach IWD Nr. 10 v. 10.3.2011, „Kleine auf Konfrontationskurs” S. 6 f., auch abrufbar unter www.iwkoeln.de, zuletzt eingesehen am 9.11.2011.

[7] BAG v. 7.7.2010 – 4 AZR 549/08, NZA 2010, 1068 ff.

[8] IWD Nr. 34 v. 21.8.2008, „Spartengewerkschaften – Friedenspflicht wird ausgehöhlt“, S. 2, auch abrufbar unter www.iwkoeln.de, zuletzt eingesehen am 9.11.2011.

[9] IWD Nr. 36 v. 6.9.2010, „Spartengewerkschaften – Ende der Tarifeinheit bedroht Jobs“, S. 2, auch abrufbar unter www.iwkoeln.de.

[10] Vgl. auch Monopolkommission, 18. Hauptgutachten 2008/2009, BT-Drs. 17/2600, Rn. 896 (S. 324); Schliemann, FS Bauer, 2010, S. 923, 926f.

[11] Vgl. nur Blankart/Gehrmann, in: Schmidt-Trenz/Stober(Hrsg.), Jahrbuch Recht und Ökonomik des dritten Sektors, 2006, S. 36, 45.

[12] Monopolkommission, 18. Hauptgutachten 2008/2009, BT-Drs. 17/2600, Rn. 962, 964ff. (S. 342f.); Schliemann, FS Bauer, 2010, S. 923, 926f.

[13] Monopolkommission, 18. Hauptgutachten 2008/2009, BT-Drs. 17/2600, Rn. 985, 988 (S. 349).

[14] „Fluglotsen – Jetzt reicht schon die Streikdrohung“, IW-Nachrichten v. 13.10.2011, abrufbar unter http://www.iwkoeln.de/, zuletzt eingesehen am 9.11.2011.

[15] DIW Wochenbericht „Die wirtschaftlichen Folgen von Bahnstreiks“ v. 16.1.2008, Nr. 03/2008, S. 25 ff.

[16] „Volkswirtschaftliche Schäden durch Bahnstreiks: 100 Mio. EUR am Tag“, Bericht der Redaktion RiskNet v. 9.3.2011, abrufbar unter, zuletzt eingesehen am 9.11.2011.

[17] Die nachfolgenden Daten sind dem DIW Wochenbericht „Die wirtschaftlichen Folgen von Bahnstreiks“ v. 16.1.2008, Nr. 03/2008, S. 25 f. entnommen.

[18] DIW Wochenbericht „Die wirtschaftlichen Folgen von Bahnstreiks“ v. 16.1.2008, Nr. 03/2008, S. 27.

[19] DIW Wochenbericht „Die wirtschaftlichen Folgen von Bahnstreiks“ v. 16.1.2008, Nr. 03/2008, S. 27.

[20] DIW Wochenbericht „Die wirtschaftlichen Folgen von Bahnstreiks“ v. 16.1.2008, Nr. 03/2008, S. 28.

[21] DIW Wochenbericht „Die wirtschaftlichen Folgen von Bahnstreiks“ v. 16.1.2008, Nr. 03/2008, S. 29.